Wo stehen sie und was würde ihnen wirklich nutzen?
von Maik Lenzner, Abteilung 1 Neu-Höhenschönhausen
Alle Jahre wieder steht der 1. Mai, der Tag der Arbeit, vor der Tür. Wo stehen die Arbeitnehmer:innen im Jahr 2021 und ganz speziell die aus der Großsiedlung und dem angrenzendem Speckgürtel unserer Stadt?
Es bedarf eines Blickes über den Tellerrand hinaus. Große Konzerne wie die BMW-Group, Daimler und Siemens haben zehntausende Mitarbeiter:innen in die Kurzarbeit geschickt. An die Aktionär:innen werden aber großzügig Renditen ausgezahlt. BMW zahlt rund 1,6 Mrd. €, Daimler 3,6 Mrd. € und andere vielleicht noch mehr.
Die Friseuse aus dem Warnitzer Bogen arbeitet auch nur an zwei oder drei Tagen die Woche, ist auch auf Kurzarbeit und das alles für den Mindestlohn von 9,83 Euro pro Stunde. Ist das das Ziel des angepriesenen Exportschlagers „Kurzarbeit“?
Einen Tariflohn für das Friseurhandwerk gibt es in Berlin nicht. In vielen anderen Brachen sieht es nicht anders aus. Wo stehen aber die Arbeitnehmer:innen des 21.Jahrhunderts? Eine große Mehrheit unter ihnen wird noch nicht einmal durch einen Betriebsrat vertreten.
Wo stehen aber die Arbeitnehmer:innen des 21.Jahrhunderts? Da, wo augenscheinlich gute Tariflöhne gezahlt werden, versuchen die Arbeitgeber:innen, immer wieder durch gezielte Maßnahmen wie das Anheuern von Leasingarbeitskräften, durch Leiharbeit und die Befristung von Arbeitsverträgen die Marge zu optimieren. So wirken sich positive Bilanzen nur im Geldsäckel des Unternehmers:in und des Finanzamtes aus.
In der Industrie, dem Handel und im öffentlichen Dienst gibt es Tariflöhne und -gehälter. Aber was ist ein tariflicher Mindestlohn der unteren Gruppen i.H.v. 10,50 Euro pro Stunde noch wert?
Was da eindeutig helfen kann, ist die Anhebung des Mindestlohnes auf 12,50 Euro pro Stunde und die teilweise Auflösung der Tarifautonomie, ganz speziell dort, wo die Arbeitnehmer:innen keine oder nur eine geringe Vertretung durch die Gewerkschaften und arbeitnehmernahe Betriebsräte haben. Ähnlich verhält es sich mit Gebieten, wo sich der Markt gar nicht mehr selbst regulieren kann. Ein Nord-Süd- bzw. Ost-West-Gefälle wird sich immer in den Löhne der Arbeitnehmer:innen spiegeln und bedarf einer Regulierung.
Was zudem noch wesentlich gravierender auffällt, ist die zunehmend nachteilige Verschiebung in den systemrelevanten Berufen. Hier sind aber Brachen wie das Gesundheitswesen, der Verkehr und die Bildung zu schützen und zur Da-Seins-Fürsorge der Steuerzahler:innen zu machen.
Ein Verhandeln auf Augenhöhe kann nicht von neo-liberalen Lobbyisten:innen erwartet werden. Hier braucht es berufserfahrene sozialdemokratischen Arbeiter:innen und Angestellten, die fern von Parteidoktrin und ideologischem Denken handeln. Nur dies kann jetzt zum Ziel führen, mit einem paritätischem Gleichklang und in einem System für alle!
Artikel aus dem Stadtblatt vom Mai 2021